Nabendynamo, erste Erfahrungen

Nabendynamo, erste Erfahrungen

Beitragvon Bernd » Fr 6. Feb 2009, 15:16

Hallo Freunde

Ich habe mir für Testzwecke einen Nabendynamo der Firma SRAM gekauft. Das ist ein kleiner
Generator der sich innerhalb der Vorderradnabe eines Fahrrades befindet. Ich habe das
gute Stück für 15 Euro plus Versand als Neuteil übe Ebay ersteigert.

Bild

Heute kam das Paket an. Super neugierig öffnete ich die Verpackung. Rein äusserlich machte
das Ding schonmal einen guten Eindruck. Dann folgte der erste Test, Durchdrehen von Hand.
Es stellte sich eine herbe Enttäuschung ein. Das erste was mir durch den Kopf ging war "was ist das denn?"
Man muss die Achse schon gut festhalten wenn man den Dynamo drehen will, sonst rutscht
die Achse in den Fingern durch. Die einzelnen magnetischen Rasten sind heftig zu spüren.

ACHTUNG !! Der geprüfte Dynamo war mechanisch verspannt.
Weiter unten auf dieser Seite ab der Fettschrift " Neue Erkenntnisse "
gibt es die neuen Messwerte.


Dann kam der zweite Test, ich schloss eine weisse helle LED am Dynamo an. Zumindest jetzt
konnte das Ding klar punkten. Schon bei langsamen drehen blitzte die LED auf und ab ca.
15U/min leuchtet sie bei jedem "Rastpunkt" (von dem es 28 im Kreisunlauf gibt) hell auf.

Dann der dritte Schnelltest, Messung der Höhe des Rastmomentes. Über eine Federwaage
ermittelte ich die Höhe des Losbrechmoments, welches bei stattlichen ca. 0,3Nm liegt.
Das ist schon heftig und viel mehr als ich erwartet hatte. Es kommt aber noch schlimmer. :(
Wenn man dem Dynamo einen Schubbs gibt und ihn dann los lässt, steht er sofort und das obwohl
dieses Modell eine grosse Masse von ca. 850 Gramm hat, welche dann abruppt abgebremst wird.
Das bedeutet das es nicht nur ein Losbrechmoment, sondern wohl auch ein wahrscheinlich gleich grosses
Verlustmoment gibt. Im Augenblick bin doch ziemlich enttäuscht und muss erstmal weinen gehen :D

Ergänzung :
Ich habe mal kurz das Drehmoment gemessen, das mein 50cm 3 Flügel Canteinrotormodell im
Stand erzeugt. Je nach Position des Rotors ergibt sich bei Beaufschlagung durch meine
Zimmerventilatoren auf Stufe 3 ein Standschub von ungefähr 0,2 bis 0,25 Nm. Die Windgeschwindigkeit
kann ich hierbei nur schätzen, sie dürfte gemittelt ca. 3 - 4m/s entsprechen. Somit hat das 50cm
Modell trotz hervorragender Drehmomentabgabe keine Chance das hohe Rastmoment des Dynamos
bei dieser Windgeschwindigkeit zu überwinden. Auch darüber würde dann wenig kommen, denn
dann würde die inneren Verluste des Dynamos "zuschlagen". Siehe nächster Absatz.

Setzen wir das Losbrechmoment gleich dem Leerlaufmoment, was nach meiner Einschätzung in etwa
zutreffen wird, dann ergeben sich folgende, erstaunliche Verlustleistungen für meinen Dynamo,
Verlustleistung im Dynamo bei:
60 U/min = 1,88 W
90 U/min = 2,82 W
120 U/min = 3,76 W
150 U/min = 4,71 W

Fazit :
Ich sage es ungerne, aber dieser Nabendynamo ist schlicht ungeeignet um mit einem kleinen Windrad bei
wenig bis mittlerem Wind Leistung zu erzeugen. Bei Starkwind würde es funktionieren aber selbst da sind dann die
Verluste innerhalb des Dynamos enorm hoch. Diese permanent auftretenden Leerlaufverluste dürfte man
in dieser Höhe selbst als Radfahrer bei einem Dynamo dieses Modells schon deutlich spüren.

Ach noch was, der Händler hat mir einen falschen Typ von Dynamo geliefert. Es sollte das Modell
SRAM D330 SA sein, aber gliefert wurde das Modell K388. Ich bezweifle mittlerweile aber das ein anderes
Modell wesentlich andere Eigenschaften haben würde..... *heul*

Grüsse

Bernd
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Re: Nabendynamo, erste Erfahrungen

Beitragvon Tobi » Fr 6. Feb 2009, 19:08

Hi Bernd,

1. Tja, Pleiten sind dafür da damit sie auch gemacht werden.
2. Entweder Du kannst das Ding wieder zurückschicken, oder
3. Du zerlegst das Teil in seine Einzelteile.

Ich jedenfalls tendiere seit meiner jüngsten Kindheit grundsätzlich
zu Punkt 3. Egal übrigens ob dem ein Punkt 1 vorausgegangen ist.
Und je älter ich werde um so größer die Warscheinlichkeit das der
Ursprungszustand wieder hergestellt werden kann.

Ansonsten ist das schon doof, da hätte doch zumindest eine
kleine Wegbeleuchtung per LED für den Garten rausspringen
können.

Gruß
Tobias
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Re: Nabendynamo, erste Erfahrungen

Beitragvon Carl von Canstein » Sa 7. Feb 2009, 05:33

Hallo Bernd, hallo Tobi!
Nach Deinem - Bernd - ersten enttaeuschten Bericht habe ich vergleichend an meinen Nabendynamos mit der Hand gedreht: Der Sram iLight 388 ist deutlich schwergaengiger als der DH3N20 von Shimano. Vom Gefuehl her mindestens ein Drittel leichter.
Meinen iLight werde ich einfach mit einem etwas groesseren Rotordurchmesser beschicken, wenn es erstmal soweit ist, dass ich mit dem Basteln anfangen kann. Nachdem Bernd sagt, dass Led´s schon bei 15 U/min. hell leuchten, vermute ich, dass bei einem Einfluegler 80cm Durchmesser und 50cm Fluegelhoehe voll und satt reichen, um den Trick zu machen.
Bei einem Dreifluegler sollten 60cm bis 65 cm reichen fuer Anlauf bei 3-4ms, man kann ja sicherheitshalber auf 70cm Durchmesser hochgehen oder versuchsweise probieren...
Fuer mich hat der Nabendynamo den Vorteil, dass er mit 15 Euronen neu beu e.Bay relativ preiswert ist, dabei super robust mit einer Drehachse, die so einen kleinen Rotor gut tragen sollte mit allen Belastungen. Was noch gut ist, er ist wartungsfrei, hat keine Buersten.
Die Verluste, naja...
Bevor man ein endgueltiges Urteil ueber die Schwergaengigkeit abgibt, sollte man vielleicht das Lager pruefen, ob das vielleicht etwas stramm angezogen ist.
Das findet man manchmal bei neuen Fahrradlagern, dass die zum Einlaufen etwas festgezogen sind.
Fett raus und leichtgaengiges Oel rein vielleicht, wenn das denn geht.
Ich weiss nicht, die Lager sind wohl auch wasserdicht gekapselt, das bremst auch aus. Vielleicht laesst sich die spaeter am Rotor nach unten zeigende Verkapselung entfernen, ich mache das aber bei mir nicht, weil dann mit der Zeit doch Sand und Staub da reingeblasen wird und die Kugellager verdreckt.
Bei staendigem Betrieb schleift sich die Lagerung und auch Verkapselung etwas glatt und laeuft dann leichter.
So schwer wie das Ding jetzt geht, da braucht man bald keine Bremse mehr am Fahrrad.
Fazit, ich war auch etwas enttaeuscht ueber den schweren Gang meines iLight von Sram, aber vielleicht ist da noch etwas Verbesserungspotential drin.
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Nabendynamo, erste Erfahrungen

Beitragvon Bernd » Sa 7. Feb 2009, 08:58

So schwer wie das Ding jetzt geht, da braucht man bald keine Bremse mehr am Fahrrad.

Ich denke auch das man diese Abbremsung, die der Dynamo schon ohne Stromentnahme(!) erzeugt, auch
auf dem Fahrrad spüren müsste. Um eine evtl. vorhandene Lagerschwergängigkeit zu beseitigen, könnte
ich das Ding mal ein paar Stunden in der Ständerbohrmaschine laufen lassen, also quasi "Einlaufen" lassen.

EDIT: Ich habe gerade eine Kunststoffzierkappe entfernt und sehe zwei gekonterte Muttern mit denen
man den Lagerdruck regulieren kann, ich werde damit nachher experimentieren und dann berichten.
Guter Einwand von Carl !

Falls sich danach keine Besserung ergibt, wovon ich im Augenblick aber leider ausgehe, wäre das Ding für
mich abgehakt. Man muss ja folgendes Bedenken, nicht nur das man dann Wind von 4 oder 5m/s braucht,
damit das Teil überhaupt mal ganz kurz andreht, auch die Energie des Windes bis zum Andrehen wäre verloren.
Man bräuchte dann noch mehr Windgeschwindigkeit damit man überhaupt mal ein klein bisschen Anfangsleistung
erzeugen kann, denn es ist weiter zu bedenken das ab dem Andrehen die internen Verluste des Dynamos
(siehe Auflistung weiter oben) zum tragen kommen. Das wäre dann vom Prinzip ein Starkwindrad und die
eigentlichen Stärken des C- Rotors, nämlich im Schwachwindbereich arbeiten zu können, wären zunichte.

Auch für Leute die mein Windrad betrachten würde es einen sehr schlechten Eindruck machen, wenn mein
Windrad in der Gegend von 4m/s durch eine Böe andreht und gleich wieder steht (durch das Rastmoment).
Gerade beim Einflügler, der ja im Umlauf ein sehr stark schwankendes Drehmoment hat, würde das wohl
sehr deutlich auftreten. Das macht vermutlich auf die Leute den Eindruck einer klemmenden Fehlkonstruktion.
Ich kann den Effekt jetzt schon vorführen, indem ich an meinem Prüfstand die Seilbremse so weit anziehe
das das Windrad erst bei 4m/s andreht. Ich glaube das mach ich mal und stelle das Ding dann in den Garten.
Ich werde das dann filmen.

Mein Dynamo wurde natürlich auch unter einer ganz anderen Maßgabe konstruiert. Er soll unbedingt bei
geringer Drehzahl möglichst viel Spannung erzeugen, seine Nennspannung also bei verhältnismässig extrem
tiefen Drehzahlen abgeben können. Dieser Vorgabe mussten sich vermutlich sämtliche anderen konstruktiven
Merkmale unterordnen.

Ich bevorzuge eine Lösung bei der das Windrad nahezu belastungfrei andrehen und auch weiter drehen kann
wenn ich dem Generator keine Energie entziehe. Es wird wohl auf eine eisenlose Konstruktion hinaus laufen.

Grüsse

Bernd
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Re: Nabendynamo, erste Erfahrungen

Beitragvon Bernd » Sa 7. Feb 2009, 11:54

Noch eine Anmerkung:

Das heftige Rastmoment und das damit sicher auch verbundene "Durchschütteln" des Rotors
mit 28 Impulsen pro Rotorumdrehung rührt natürlich zu einem wesentlichen Teil von der Bauart
des Dynamos als "Einphasen Wechselstromgenerator" her. Ich bin mir ganz sicher das ein
ähnlicher Minigenerator in Drehstromausführung prinzipbedingt nur einen Bruchteil dieser
Probleme aufweisen würde.
Mir persönlich zeigt es das ein Drehstromgenerator enorme Vorteile gegenüber einer 1 Phasen
Maschine hat. Meine Einschätzung ist, das mein Nabendynamo als Drehstromversion (wenn es
diese gäbe) nur ca. 10 - 20% des Rast- und Haltemomentes aufweisen würde. Die Leerlaufverluste
könnten aber (bei gleichen Baumaterialien des Dynamos) ähnlich hoch sein.

Grüsse

Bernd
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Re: Nabendynamo, erste Erfahrungen

Beitragvon Carl von Canstein » Sa 7. Feb 2009, 12:19

Der iLight hat doch 2006 das Praedikat "Sehr gut" vom Deutschen Warentest bekommen. Ich bin mir fast sicher, dass, wenn Du den Lagerkonus ein ganz kleines wenig lockerer schraubst, dass Dein iLight dann bedeutend weniger schwer drehbar sein wird. Du kannst zusaetzlich die Achse herausnehmen, die Lager sorgfaeltig vom Fett reinigen und mit leichtgaengigem Spezialfett neu schmieren. Anschliessend noch, wie Du schon vorhattest, eine ganze Weile zum Lagerpolieren in der Bohrmaschine laufen lassen. Du wirst erstaunt sein, was das nuetzt!!!
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Nabendynamo, erste Erfahrungen

Beitragvon Bernd » Sa 7. Feb 2009, 18:13

Carl du hast das doch bestimmt schon vor mir getestet gehabt, oder ? Gibs zu :D
Du hattest Recht, mehr als das, die Werte haben sich total verändert, sowohl für das Losbrechmoment
und erst recht für das Leerlaufmoment und die Leerlaufverluste, später mehr.

Grüsse

Bernd
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Re: Nabendynamo, erste Erfahrungen

Beitragvon Carl von Canstein » Sa 7. Feb 2009, 18:33

Hallo Bernd!
Du kennst mich bald besser als ich mich selbst! Ja, heute morgen wollte ich mal testen ob ich da nicht Ramsch verzapft hatte, mit dem Lagerkonus lockern. Ich war dann sehr erfreut ueber das Ergebniss. Ist ja ein Unterschied wie Tag und Nacht!
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Beitragvon Bernd » Sa 7. Feb 2009, 20:24

Neue Erkenntnisse !!

Ich bin heute Carls Vorschlag gefolgt und habe die gekonterten Muttern am Dynamo gelöst und
ich habe dann etwas Druck von den Lagern genommen. Ich muss noch dazu sagen das mir schon vor
dieser Maßnahme die Leichtgängigkeit nach etlichen Spielereien am Dynamo heute schon besser
vor kam als noch gestern.

Das Entspannen der Lager aber brachte dann den Durchbruch. Wie Carl es schon sagte ein gefühlter
Unterschied wie Tag und Nacht. Anscheinend verschickt der Hersteller SRAM seine Dynamos mit sehr straff
gespannten Lagern. Der Umstand das der Dynamo heute aber schon vor meinem mechanischen Eingriff
etwas leichter ging als gestern könnte darauf hin deuten das dieses straffe Einspannen der Lager eine
bewusste Maßnahme des Herstellers ist um das Einlaufen der Lagerflächen am Anfang der Nutzung
auszugleichen.

Auf jeden Fall ist der Dynamo nun deutlich leichtgängiger. Hier jetzt meine korrigierten Messwerte:
Losbrechmoment: ca. 0,15 Nm (zuvor 0,3Nm)
Leerlaufmoment: ca. 0,07 Nm (zuvor geschätzt 0,25Nm)
Leerlaufverluste:
60 U/min = ca. 0,43 W (zuvor ca.1,88 W)
90 U/min = ca. 0,66 W (zuvor ca.2,82 W)
120 U/min = ca. 0,88 W (zuvor ca.3,76 W)
150 U/min = ca. 1,1 W (zuvor ca.4,71 W)

Fazit:
Das Losbrechmoment hat sich halbiert, das Leerlaufmoment reduzierte sich auf weniger als ein Drittel.
Das gleiche gilt auch für die Leerlaufverluste. Geblieben sind die prinzipbedingten deutlichen Rastungen,
von denen es 28 pro Umdrehung gibt. Der Dynamo ist nun deutlich besser für ein Windradnutzung
geeignet als zuvor. Evtl. wäre diese Verbesserung auch nach einer "natürlichen" Einlaufphase aufgetreten.
Mein 50 x 50cm 3 Flügel C- Rotor sollte nun mit diesem Generator ab ca. 3 - 3,5 m/s
Windgeschwindigkeit anlaufen. Bei grösseren Rotordurchmesser als 50cm noch eher.

Grüsse

Bernd
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Re: Nabendynamo, erste Erfahrungen

Beitragvon Carl von Canstein » Sa 7. Feb 2009, 20:28

Hurra!!! :D
Carl von Canstein
 

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