Sturmfestigkeit

gemeinsame Forenentwicklung eines Rotorprofils

Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon Carl von Canstein » Do 23. Apr 2009, 05:07

Hallo Bernd!
Wegen dem Architekten, der Dein Haus panzern wollte, waere ich wohl auch entruestet gewesen! Ich bin erschuettert! :shock:
Das mit der Schnelllaufzahl stimmt natuerlich, nur gebe ich zu bedenken, dass bei groesseren Rotordurchmessern die Reaktionszeit der Stroemung in den spezifischen Anstellwinkeln sich verlaengert und dass die Kurve der Leitflaechen weiter geoeffnet ist, moeglicherweise mit guenstigen Auswirkungen auf die Funktionalitaet.
Das sind nur die Faktoren, die mir spontan so einfallen, vielleicht gibt es noch mehr?
Ich wuerde ich nicht ganz und gar ausschliessen, dass es moeglich sein koennte dass man bei groesserem Rotordurchmesser andere optimale Fluegelabmessungen ermitteln kann, idealerweise natuerlich schmalere weniger tiefe Fluegel!
Das herauszufinden ist allerdings garnicht so einfach!
Hierzu koennte ich den Tipp geben, es versuchsweise erst einmal nur mit einem Fluegel und Kontergewicht zu testen, um Zeit und Kosten zu sparen.
Wenn sich dann zeigt, dass bei einem Einfluegler die optimalen Werte veraendert sind, kann man das vielleicht auf einen Mehrfluegler uebertragen.
Gruss, Carl :)
Carl von Canstein
 

Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon drilli » Do 23. Apr 2009, 10:58

Hallo zusammen,

Zum Thema Ingenieur kann ich Bernd nur Recht geben, da gibt es wirklich viele die im Endeffekt vom Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Und glaubt mir, ich weiß wovon ich rede, denn ich habe täglich mit solchen Leuten zu tun :? Wenn ich Konstruktions- oder Materialfragen habe gehe ich eigentlich immer zu den Facharbeitern, denn die kennen sich wirklich aus. Ich merk das ja auch an mir selbst, das Studium war eigentlich nur nütze um später mehr Lohn zu bekommen (da man leider oft nach Titel und nicht nach Fähigkeit bezahlt wird). Das wirklich wichtige was man dort gelernt hat, hätte man wohl locker in 1 Semester packen können. Es geht nichts über Praxiswissen und Erfahrung.


Zum Thema Simulation:
Ich hab mich also gestern doch noch hingesetzt und bissl experimentiert. Ich habe dazu den Flügel, wie ich ihn für meinen 1,5m Rotor konstruiert habe genommen: Höhe 1m, Material 10mm PV-hart (Leitfläche) bzw. 4mm (Vorflügel), bei Umfangsgeschwindigkeit 20m/s

Das ist dabei rausgekommen:

Figure0003.jpg
Figure0003.jpg (100.98 KiB) 9098-mal betrachtet



Dazu muss ich aber gleich sagen, dass das nur ist um mal ein Gefühl für die Möglichkeiten des Programms zu bekommen. Ich habe nämlich die Endkappen mit fixer Lagerung versehen, was bedeutet, dass diese absolut unveränderlich im Raum sind <--und das ist natürlich Quatsch Außerdem geht das Proggi davon aus, dass die Verbindungen der einzelnen Komponenten unkaputtbar sind . Bei einem anderen Versuch hat der mir eine Verformung von 8,5mm ausgespuckt.


Ich werde das Ganze nochmal ordentlich machen und dann nen extra Threat eröffnen.
drilli
 
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Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon Carl von Canstein » Do 23. Apr 2009, 12:19

Hallo Drilli!
Erstmal bombig Dein Beitrag! Ich bin erstaunt ueber die offensichtlich staerkere Ausformung im Vorfluegel, aber das mag wohl daran liegen, dass Du in der Simulation fuer Leitflaeche und Vorfluegel unterschiedliche Materialstaerken veranschlagst.
Weniger Hightec-artig waren bisher meine Moeglichkeiten, Belastungen abzulesen, doch moeglich schon, am echten (Alu) Fluegel, der sich in Wind und Sturm mit der Zeit sehr spezifisch verformt hat!
Der 50cm hohe, 25cm tiefe Fluegel des betreffenden Rotors mit 1m Durchmesser bestand komplett aus Alu gleicher Materialstaerke und zwar 1mm Blech. Diesen habe ich noch hier bei mir, ein echtes Museumsstueck!
Der Vorfluegel wies nach 10 Jahren Betrieb keine sichtbaren Verformungen auf, die Leitflache hingegen war hinten entlang der Abrisslinie bauchig leicht nach aussen abgewoelbt.
Diese Woelbung ging nach oben und unten von dem starken verformungsfesten hoelzernen Mittelspant (in dem die Leitflaeche in einem durchgehenden Schlitz festgeklemmt war) aus und endete an den Endkappen des Fluegels in einer eher geraden Linie.
An der Vorderkante der Leitflaeche war/ist keine sichtbare Verformung erkennbar!
Das heisst dann wohl einerseits, dass der Mittelspant mit kraeftigem Vorfluegel dem Fluegel eine hohe Festigkeit und Stabilitaet geben kann, andererseits auch, dass die Fliehkraefte im Verein mit dem Stroemungsdruck Ursache fuer die Verformung hinten zu sein scheinen.
Daher also meine Frage, ob Dein Simu-Prg. auch die Fliehkraft des Rotors mit einbezieht.
Ich habe nie fuer den Vorfluegel duenneres Material als fuer die Leitflaeche gewaehlt, weil der Vorfluegel eine wichtige versteifende Funktion ueber die gesamte Fluegellaenge hat. Zwar liegt dadurch gewichtsmaessig der Fluegelschwerpunkt etwas weiter vorne im Fluegel als bei Deiner Simulation, dies laesst sich durch eine Anbringung des Tragarmes ebenso weiter vorne, eben genau in diesem Schwerpunkt leicht kompensieren.
Apropos Ingenieure: Ich sehe das etwas lockerer. Man muss nicht unbedingt die schwarzen Schafe auf´s Podium heben. Wir waeren nicht das Deutschland mit seinen guten Ausbildungsmoeglichkeiten und hohem technischen Niveau, wenn wir ausschliesslich von Facharbeitern ohne studierte Ingenieure abhingen! Leider sind die guten noch nicht auf unser kleines feines Forum aufmerksam geworden, wenn ich jetzt einmal Dich in dieser Hinsicht (dankbar) ausklammere!
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon drilli » Do 23. Apr 2009, 12:53

Ach um himmels willen, ich bin auch nur ein Bastler der halt ein paar Möglichkeiten auf Arbeit hat :oops: . Aber leider ist das auch nur auf Mechanik begrenzt, bei Strömungsgeschichten kann ich auch nur raten ;)

Ich habe bei der obigen Simulation übrigens nur Fliehkräfte einbezogen und keinen Winddruck.

Bitte nehmt diese Simulation nich so für bare Münze, da wie gesagt die Endkappen fixiert sind. Diese würden sich ja normalerweise mit verbiegen und auch aufeinander zu bewegen, wenn sich der Flügel krumm biegt. Im folgenden Bild seht ihr die Spannungungen, die bei dem "festen" Aufbau entstehen würden.

Figure0005.jpg
Figure0005.jpg (115.46 KiB) 9088-mal betrachtet


Maximal treten hier also 794kPa Spannung auf, was umgerechnetet 79,4N/cm² sind. Das bedeutet also, dass an der Verbindung zwischen Endkappe und Leitfläche ca. 8kg je cm² ziehen. Und das ist ganz schön viel.

Wäre der Flügel wie real an Streben montiert, die sich ja auch verbiegen können, dann wären diese Spannungen geringer aber der Flügel würde sich mehr biegen. Aber das muss ich wie gesagt nochmal in Ruhe simulieren.

P.S. Carl du hast Recht, dass sich der Vorflügel mehr verbiegt liegt sicher an der dünneren Wandung. Der Vorflügel ist hier übrigens doppelt, also innen Zylindrisch und außen Tragflächenprofil.
drilli
 
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Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon Carl von Canstein » Do 23. Apr 2009, 13:23

Mach weiter damit, fuer unser Windrad ist das ein noch sehr wenig erforschter und optimierungswuerdiger Bereich!
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon Bernd » Di 26. Mai 2009, 17:54

Feuertaufe !

Gerade eben ist es passiert. Noch lag ich auf meiner Liege auf der Terasse und machte ein Nickerchen
und der Rasenrobby mähte für mich, da hörte ich ein Grollen und traute meinen Augen nicht. Es war
am Horizont dunkel braun grau und ihn ahnte nichts gutes.
Es dauerte nicht lange dann hörte ich ein komisches Geräusch, ähnlich einem Mähdrescher von
weiter Ferne. Es war der extreme Sturm, der schon einige Bäume bog und auch flach legte.
Sekunden später war das Unwetter dann bei mir, wie eine Wand die auf einen zu kommt.

Ich floh ins Wohnzimmer und schloss das Schiebelelement und dann wars auch schon so weit.
Es kamen extremste Böen die alles durch die Gegend fliegen liessen was bislang bei jedem Sturm
stehen blieb. Auch mein runder Kugelgrill, surch seine Form extrem aerodynamisch, machte einen
Abgang und flog durch die Gegend, ebenso der Tisch Stühle, einfach alles.
Ich guckte zum 50cm C- Rotor auf dem Stativ und ich traute meinen Augen nicht. Ich dachte nur
"wenn du jetzt mit dem Stativ durch die Gegend fliegst, dann bitte nicht in meine Glasfront".
Leider war gerade der Messcomputer nicht angeschlossen, son Mist ich kann mich so ärgern,
aber die Drehzahl die ich sah machte mir wirklich Angst, das war unglaublich.
Der Wind muss auch am Erdboden so extrem stark gewesen sein, das er dem Rasenrobby die hintere
Klappe aufriss, welche sofort als Segel fungierte und so riss der Sturm den Rasenrobby quer über
den Rasen. Der Arme schrieh um Hilfe, weil er dachte er würde geklaut. :D (Diebstahlschutz durch Piezo Alarm)
Der Blick wieder zum Windrad, während mein Wohnzimmerfenster schon bestimmt 5mm nach innen gedrückt
wurde, unglaublich starke, extrem laute Böen, eine Lautstärke das man im Wohnzimmer richtig laut reden
musste um sich zu verstehen, unfassbar, ich hatte Angst das der Tisch im Tornado drehend in mein Fenster fliegen
könnte, aber er blieb erfreulicherweise mit der Platte nach unten liegen.
Das Windrad nun auf Drehzahlen das mir der Mund aufstand und mir klar war das es nur noch Sekunden dauern könnte bis
es zerfetzt. Die mittlere Stütze des Stativs hob sich vom Boden und ich dachte "jetzt passierts", aber
das Stativ blieb stehen, wenn auch etwas schräg.

Das Unwetter verschwand so schnell wie es kam. Im Garten liegen Äste vom einem Nachbarn der quer über die
Strasse eine Ecke entfernt wohnt. Sofort ging unsere Feuerwehr Sirene los. Wie ich erfuhr liegen etliche Bäume auf den
Strassen, wahnsinn. Das 50cm Windrad, so unglaublich es für mich ist, hat die bestimmt 800 oder 1000 U/min
ohne eine Beschädigung überlebt. Wenn ich ehrlich bin habe ich das angesichts der Verwüstungen hier nicht
erwartet. Ich freue mich sehr darüber.

Robby mäht schon wieder... :)

Grüsse

Bernd
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Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon Carl von Canstein » Di 26. Mai 2009, 19:40

Ich bin total platt!
Kann sein, dass es eine gute Idee war, die Tragarme auf so breiter Basis mit den Fluegeln zu verbinden. Auch der Umstand, dass wir es mit einem Miniaturwindrad 50cm x 50cm zu tun haben, mag geholfen haben. So kleine Modelle sind immer weit stabiler! Liege ich vielleicht richtig mit meiner Vermutung, dass unser Rotor keine Drehzahlbegrenzung ausser der des Explodierens wegen der Fliehkraft bei zu hoher Drehgeschwindigkeit hat? Diese Eigenschaft muesste irgendwie in einer Anwendung nutzbar sein! Stroemungsabrisse in dem Sinn wie bei Naca-Profilen gibt es anscheinend nicht, auch keine automatische Begrenzung durch Stroemungsabriss!
Bernd, Du hast uns einen super Lagebericht zur Sache gemacht! War das nun ein echter Tornado, der Dich und uns ueberrascht hat?
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon Bernd » Di 26. Mai 2009, 20:03

Nein es war wohl kein Tornado, aber es kam mir so vor weil sich der Sturm auf meiner Terasse
(mit samt dem Tisch und den Stühlen) wie wild drehte und angesichts der Schäden die hinterher
zu verzeichnen waren. Auf meinem Rasen habe ich vorhin noch kleine Äste von einem Kirschbaum
samt Kirschen gefunden, der 100m weiter steht.

Grüsse

Bernd
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Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon Carl von Canstein » Di 26. Mai 2009, 20:12

Bei uns auf der anderen Seite des Brockens war nur morgens entfernt etwas Donnern zu hoeren, aus Deiner Richtung!
Carl von Canstein
 

Re: Sturmfestigkeit

Beitragvon Bernd » Di 26. Mai 2009, 20:53

Diese "überfallartig" auftretenden extremen, kurzen Stürme werden immer häufiger.
Ja und es sah nicht danach aus, das der Rotor eine "Drehzahlbrenzung" hätte.

Grüsse

Bernd
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